Die Reisen durch Indien und Nepal fanden in den Jahren 1981 und 2012/2013 statt. Spannend ist der Vergleich, wie und was sich im Laufe der Zeit geändert hat - und was nicht!
Leseprobe
Reisen durch Indien und Nepal
In diesem uralten Pilgerort am Ganges schlägt das Herz Indiens. Varanasi ist die Stadt des Lebens und des Sterbens, die Stadt der Toten und der Verbrennungsplätze am Ganges, der Andacht und der rituellen Waschungen. Die Engländer nannten sie Benares. Die Hindus nennen sie Kashi, die Stadt des Lichts. Hier verehren sie Shiva als Retter. Varanasi ist auch die Stadt der Seidenwebereien und des Brokats.
Andrea und ich finden in der Nähe der Ghats, der Treppenstufen zum Ganges hinunter, ein Hotel und ziehen in ein Dreibettzimmer ein. Wir befinden uns am Westufer und blicken der aufgehenden Sonne ins Angesicht. Das Ostufer ist flach, sandig und leer. Dort steht kein einziges Haus. Rund einhundert Ghats, zahlreiche Tempel, Schreine, Havelis, Hotels, Herbergen und Shops säumen auf unserer Seite über mehrere Kilometer den heiligsten Fluss Indiens, der die Göttin Ganga verkörpert.
Ganga floss einst als Milchstraße am Himmel. Bhagiratha, ein Asket, bat Ganga auf der Erde zu erscheinen, damit sie die Menschen von Sünden reinwasche. Nach Jahren des Bittens willigte sie ein, aber ihre Wassermassen drohten die Erde zu zerschmettern. Shiva wendete das Desaster ab. Er streckte seinen Kopf in die Fluten, um sie zu bremsen. Das Wasser teilte sich, floss die wilden Haarzotteln des Gottes entlang und die sieben heiligen Ströme Indiens entstanden: der Ganges mit der Yamuna, seinem wichtigsten Nebenfluss, der Godavari, Sarasvati, Narmada, Sindhu und Kaveri. Der zweitausendsechshundert Kilometer lange Ganges ist der heiligste.
Die Stadt des Lichts ist für Hindus, was für Muslime Mekka ist. Hierher kommen sie, um sich von ihren Sünden reinzuwaschen. Glückselig ist, wer in Varanasi sterben darf. Er wird verbrannt und seine Asche in den Ganges gestreut. Er wird vom Kreislauf der Wiedergeburten erlöst, denn seine Seele wird eins mit Brahman, dem Urgrund des Seins, dem alles entspringt und zu dem alles zurückkehrt. Brahman bedeutet das Absolute, nicht mehr Darstellbare. Die unzähligen Götter im Hinduismus sind Aspekte ein und desselben. Aus Brahman entsteht Atman, der Atem, der Odem des Lebens. Atman ist das innere Licht im Menschen, seine unzerstörbare Mitte. Im Schöpfergott Brahma ist Brahman personifiziert. Während des Sterbens flüstert Shiva das befreiende Mantra in das Ohr des Sterbenden, glauben die Hindus.

Reisen durch Indien und Nepal
Die Autorin durchmisst den subindischen Kontinent vom Himalaja bis zur Südspitze, vom Arabischen Meer bis zum Golf von Bengalen. Sie portraitiert die hellen und die dunklen Seiten Indiens, erzählt von Menschen, Göttern, Mythen, Tempeln und Palästen. In Nepal besucht sie die Königsstädte im Kathmandutal und wandert in den höchst gelegenen Regionen der Erde. Sie lässt den Leser teilhaben an großartigen Kultur- und Naturerlebnissen. Ein mitreißender, reich bebilderter Reisebericht!
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